So nicht, mein lieber Herr Bauverein!

Am vergangenen Montag den 16.05 haben wir mit einem Anschreiben den Bauverein Reiherstieg aufgefordert, Stellung zu den von ihm angestoßenen Ermittlungsverfahren wegen Hausfriedensbruchs zu nehmen. Bis heute haben wir nichts gehört. Deshalb werden in den nächsten Tagen solidarische Nachbar_innen bald mit folgender Öffentlicher Erklärung unterwegs sein, um die Leute im Viertel und Mieter_innen der Baugenossenschaft diese Informationen zukommen zu lassen.


Liebe Nachbarinnen und Nachbarn,

vielleicht erinnert ihr euch noch: Im Januar 2015 ließ der Bauverein Reiherstieg unseren Nachbarn Heiko aus seiner Wohnung im Otterhaken 10 zwangsräumen. Heiko hatte sich in der Vergangenheit mehrfach gegen Mietsteigerungen gewehrt und sich auch auf den Genossenschaftsversammlungen gegen die Mietenpolitik des Vorstandes ausgesprochen. Heiko hatte seine Miete verspätet gezahlt, zum Zeitpunkt der Räumung waren aber alle Mietschulden beglichen. Trotzdem ordnete der Bauverein die Zwangsräumung an. Viele Menschen haben damals versucht, das zu verhindern. Einige stellten sich am Tag der Räumung dem Gerichtsvollzieher in den Weg – leider vergeblich: Die Polizei räumte die Sitzblockade im Hausflur. Heiko musste seine Wohnung verlassen. Er wohnt nun am anderen Ende der Stadt.

Seine Wohnung ist neu vermietet und kostet heute rund 120 Euro mehr. Die Baugenossenschaft hat damit effektiv günstigen Wohnraum zerstört. Ein Jahr nach der Zwangsräumung haben nun einige seiner Unterstützer_innen Briefe von der Polizei wegen Hausfriedensbruchs bekommen. Der Bauverein glaubt vielleicht, dass wir nun stillhalten werden. Wir lassen uns aber weder durch ein solches Verfahren, noch von Geldstrafen abschrecken. Wir halten weiter zusammen und wissen: die Kosten für ein Verfahren können wir gemeinsamen bezahlen, unseren Wohnraum bekommen wir nicht mehr zurück. Denn mit jeder Zwangsräumung steigt die Miete und lässt dann auch den Mietspiegel ansteigen, mit dem die Vermieter ihre Mieterhöhungen begründen. So steigen die Mieten für uns alle.

Vor zehn Jahren hat in Wilhelmsburg eine Wohnung noch 6 Euro kalt pro Quadratmeter gekostet – heute sind es oft 10 Euro, im Reiherstiegviertel häufig noch mehr. Viele von uns geraten in Mietschwierigkeiten, vielen von uns, die kein oder nur ein geringes Einkommen haben, droht die Verdrängung aus dem Stadtteil oder gar aus der Stadt. Das ist politisch gewollt, auch wenn häufig behauptet wird, Zwangsräumungen seien von den Betroffenen selbstverschuldet. Ursache ist ein Wohnungsmarkt, der extrem hohe Mieten möglich macht. Aus jeder Zwangsräumung lässt sich Profit schlagen. Dagegen wehren wir uns! Deshalb haben wir Heiko unterstützt und wir werden auch weiterhin alle Mieterinnen und Mieter unterstützen, die von Zwangsräumungen bedroht sind oder anderen Ärger mit ihren Vermieter_innen haben. Es muss Wohnraum für alle geben – unabhängig von Einkommen, Nachnamen oder Aussehen!

Der Bauverein Reiherstieg hat sich mit der Räumung von Heiko schon ausreichend vom genossenschaftlichen Solidaritätsgedanken verabschiedet. Nun sollte er zumindest seine sinnlose Sanktionspolitik sein lassen. Seine Anzeige wegen Hausfriedensbruch kann er problemlos zurückziehen.

Liebe Genossenschaftsmitglieder: Fordert euren Vorstand auf, keine weiteren Zwangsräumungen zu veranlassen, keine weiteren Mietsteigerungen durchzuführen und die Anzeigen wegen Hausfrie- densbruch zurückzuziehen – zum Beispiel auf der Mitgliederversammlung am Donnerstag, 26. Mai, um 19 Uhr im Bürgerhaus Wilhelmsburg.

Und: Wenn ihr selbst auch Probleme mit eurem Vermieter habt, dann kommt vorbei: Jeden ersten und dritten Mittwoch im Monat ab 16 Uhr im Infoladen Wilhelmsburg (Fährstraße 48). Gemeinsam sind wir stärker! Damit niemand allein auf den Kosten eines Strafverfahrens sitzen bleibt, könnt ihr im Infoladen und bei Black Ferry Spenden abgeben.


Ihr möchtet Flyer verteilen: Gedruckte Exemplare gibt es zu den Öffnungszeiten im Infoladen Wilhelmsburg und im Black Ferry. Oder ihr druckt euch selbst welche aus.

Workshop: Begleitung zu Ämtern und Behörden

Wir möchten euch zu einem Erfahrungsaustausch rund um das Thema
Begleitung zu Ämtern einladen. Zu jedem Amtstermin – ob Jobcenter,
Wohngeldstelle oder Ausländerbehörde – kann man eine Person (oder auch
mehrere Personen) des Vertrauens mitbringen und ist dann in der
Behördensituation nicht auf sich allein gestellt.

_MG_6462Es kann viel davon abhängen, wie die Gespräche mit den
Sachbearbeiter_innen auf der anderen Seite des Tisches laufen. Sachbearbeiter_innen haben oft einen ziemlich großen Handlungsspielraum und damit auch eine große Macht. Man denke nur an die vielen Inhalte, die eine Eingliederungsvereinbarung beim Alg II haben kann.

Die Veranstaltung soll kein Vortrag werden, sondern eine Gelegenheit
bieten, uns über das Thema Begleitung zu unterhalten und gegenseitig
weiterzubilden. Wir wollen Erfahrungen austauschen und auch über
mögliche Probleme und Ängste sprechen. Durch den Workshop im vergangen
Jahr konnten wir schon einige Tipps sammeln. Diese Sammlung wollen wir
erweitern und bei Bedarf korrigieren.

Das Treffen richtet sich an alle: Egal, ob du gerade erstmals darüber
nachdenkst, Freund_innen, Bekannte oder Nachbar_innen solidarisch zu
unterstützen, oder schon hundertmal Menschen bei Behördengängen
begleitet hast. Falls ihr Übersetzung benötigt, meldet euch bitte
frühzeitig bei uns.

Samstag • 19.03. • 14 bis 17 Uhr
Infoladen Wilhelmsburg • Fährstraße 48

Schulden gestrichen – Aktion bei der AOK erfolgreich

Mehrere Tausend Euro Beitragsnachzahlung verlangte die AOK von Dilara*, weil sie bei der Krankenkasse für einige Monate als Spitzenverdienerin geführt wurde. In Wirklichkeit war sie zur fraglichen Zeit erwerbslos. Das war der AOK auch bekannt. Es wurden ohne Erfolg mehrere Briefe geschrieben und sogar mit einer Klage gedroht. Auch das persönliche Gespräch in der Geschäftsstelle verlief ergebnislos.

Deshalb machten sich am vergangenen Freitag Dilara und zehn Mitstreiter_innen von Wilhelmsburg Solidarisch auf den Weg zur AOK. Gegen 15 Uhr betraten wir die Geschäftsstelle und forderten die Streichung der Schulden vom verdutzten Sachbearbeiter. Zuerst musste verhandelt werden, wieviele Menschen beim folgenden Gespräch anwesend sein können. Wir einigten uns auf drei und der Rest blieb in Hörweite. Wie erwartet, wies die AOK zuerst jede Verantwortung für den Fehler von sich. Allerdings wurde rasch bemerkt, dass Dilara zweimal im System geführt wurde – einmal als Gering- und einmal als Topverdienerin. Das hätte eigentlich schon bei der ersten Beschwerde vor Monaten auffallen müssen. Während der Vertreter der Krankenkasse den Fehler im System korrigierte, führten wir mit wartenden Kund_innen Gespräche über den Irrsinn der Bürokratie und berichteten von unseren politischen Aktivitäten.

Uns hat der Ausflug gezeigt, dass Selbstorganisation und direkte Aktion funktionieren. Die Erfahrung, dass wir unsere Interessen gemeinsam durchsetzen können, haben wir nicht das erste Mal gemacht. Und es wird nicht das letzte Mal gewesen sein.

* Name geändert

Auch Post von der Polizei wegen der Zwangsräumung im Otterhaken?

In den letzten Tagen haben einige Briefe von der Polizei wegen Heikos Zwangsräumung im vergangenen Januar bekommen. Bisher geht es in allen uns bekannten Fällen um die Einleitung von Ermittlungen wegen Hausfriedens-bruch. Falls ihr auch Post bekommen habt, gilt zunächst:

Keine Panik! Lasst euch von der Post nicht einschüchtern, das ist ihr einziger Zweck. Ihr seid weder verpflichtet euch zu äußern, noch zu Vorladungen der Polizei zu erscheinen. Die Aussage zu verweigern ist immer die beste Wahl! Alle möglichen Verteidigungsstrategien sind auch nach umfassenden Gesprächen und nach Akteneinsicht durch solidarische Anwält_innen noch möglich! Auch das verfrühte Ausplaudern von Alibis oder entlastenden Tatsachen kann für euch selbst und andere zum Nachteil werden.

Deshalb wollen wir zusammen halten und uns am Sonntag, den 7. Februar um 16 Uhr mit allen treffen, gegen die ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde. Wir treffen uns im Infoladen in Wilhelmsburg (Fährstraße 48). Dort können wir in Ruhe die nächsten Schritte besprechen.

Und denkt dran: KeinEr wird allein gelassen, auch finanziell nicht!

Sagt bitte auch allen euren Freund_innen bescheid, die Post bekommen haben könnten. Selbstverständlich könnt ihr uns auch gerne schreiben, besonders wenn ihr Briefe mit einem anderen Inhalt bekommen habt.

Weitere Informationen zu Aussageverweigerung und Rechtshilfetipps findet ihr bei der Roten Hilfe.

Niemand wird allein gelassen! Gerichtsverhandlung gegen Beschäftigte der HAG

4Es ist das alte Spiel. Eine Belegschaft beginnt sich zu organisieren, um für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Die Gegenseite nutzt daraufhin juristische Mittel, um diese Versuche zu behindern. So auch bei der Hamburger Assistenz-Genossenschaft. Dort versuchen die Mitarbeiter*innen seit Monaten höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Im Juli kam es deshalb zu einem Go-In bei den Tarifverhandlungen.

Nun hat die Genossenschaft 15 Beschäftigte mit der Begründung abgemahnt in der Betriebszeitung seien Berichte über den Arbeitsalltag erschienen. Der freie Austausch über die eigene Arbeit ist eine Voraussetzung, um sich als schlagkräftige Belegschaft organisieren zu können. Die Gegenseite weiß das allerdings auch. „Mit den Abmahnungen hat die Geschäftsführung versucht, durch Repression unsere Arbeit zu behindern,“ schreibt daher der Betriebsrat in seiner Pressemitteilung. Dem Versuch der Genossenschaft, ein Klima zu schaffen, in dem nicht mehr ungezwungen und frei über Missstände gesprochen werden kann, setzen wir unsere Solidarität entgegen.

Am Mittwoch, den 2.12. treffen wir uns um 9.30 Uhr vor dem Arbeitsgericht Hamburg, Osterbekstraße 96 um unsere Kolleg*innen zu unterstützen.

Mehr zu den Hintergründen in der Erklärung des Betriebsrats.

Workshop: Gegen Eingliederungsvereinbarungen vorgehen

Eingliederungsvereinbarungen vom Jobcenter oder der Arbeitsagentur sind ein Mittel, Arbeitszwang gesellschaftlich durchzusetzen und die Hürden für den Bezug von Arbeitslosengeld 1 und 2 zu erhöhen. In ihnen wird geregelt, wieviele Bewerbungen man pro Monat schreiben oder an welchen Maßnahmen man teilnehmen muss, um nicht sanktioniert zu werden.

Eingliederungsvereinbarungen muss man nicht unterschreiben, schon gar nicht während des Termins mit der_dem Arbeitsvermittler_in – man kann sie immer zum Prüfen mit nach Hause nehmen. Weil die Eingliederungsvereinbarungen die Grundlage für Sanktionen sind, sollten sie grundsätzlich auch nicht unterschrieben werden. Dann hat das Amt die Möglichkeit den Inhalt der Eingliederungsvereinbarung als Verwaltungsakt zu erlassen. Wie man gegen so einen Eingliederungsverwaltungsakt vorgehen kann und welche Inhalte von Verwaltungsakten von den Gerichten schon für rechtswidrig erklärt wurden, das wollen wir nächste Woche gemeinsam mithilfe von aktueller Literatur besprechen und an einem Beispiel durchgehen.

Mittwoch, 30. September
16:00 Uhr
Infoladen Wilhelmsburg, Fährstr. 48

Filmvorführung: Verdrängung hat viele Gesichter

Am 17. September zeigen wir gemeinsam mit dem Projekt Rialto „Verdrängung hat viele Gesichter“. Der Film setzt sich mit der Gentrifizierung am Beispiel des Berliner Stadtteils Alt-Treptow auseinander und fokussiert dabei besonders auf die Rolle sogenannter Baugruppen. Anschließend Diskussion mit den Filmemacher_innen.

Donnerstag, 17. September
19.00 Uhr
Bücherhalle Wilhelmsburg, Vogelhüttendeich 45