Tipps zur gegenseitigen Begleitung

Warum nicht allein zum Amt?
Es ist immer besser bei Terminen mit Ämtern und Behördern nicht allein zu sein. Einerseits hast du so emotionale Unterstützung und es ist weniger langweilig. Andererseits weiß du nie, was dich erwartet. Erst scheint der Termin ganz harmlos zu sein und plötzlich wirst du aufgefordert etwas ohne Bedenkzeit zu unterschreiben. Alleine kannst du schnell überrumpelt werden. Eine zweite Person hilft standhaft zu bleiben und auf dein Recht zu bestehen. Um begleiten zu können, muss man kein Profi sein. Alle können begleiten! Die Begleitung zum Amt ist wichtig, um das Verhalten der Sachbearbeiter_innen zu verändern und im Zweifelsfall Rechtsbrüche oder beleidigendes Verhalten zu bezeugen.

Was ist ein Beistand?
Ein „Beistand“ ist eine Person deines Vertrauens, die nicht für dich, sondern neben dir auftritt. Trotzdem gilt das vom Beistand Gesagte, als hätte es die begleitete Person selbst gesagt, sofern sie nicht bis zum Ende des Termins widerspricht. Du kannst einen Beistand einfach mitbringen, eine vorherige Anmeldung ist nicht erforderlich (Rechtsgrundlagen: §13 SGB X für Sozialbehörden und §14 VwVfG für alle anderen Behörden). Solltet ihr dennoch zurückgewiesen werden, hast du damit einen wichtigen Grund, um nicht zum Termin zu erscheinen. Verlange in diesem Fall eine schriftliche Zurückweisung und lass dich nicht zwingen, den Termin alleine wahrzunehmen. Denk daran: Alle haben das Recht auf einen Beistand!

Tipps zum gegenseitigen Begleiten

1. Trefft euch zu einem Vorgespräch… Um was für einen Termin handelt es sich? Was soll erreicht werden (z.B. Abwendung einer Sanktion, Barauszahlung, Verlängerung des Aufenthaltstitels etc.)? Es ist sinnvoll, dass alle ihre Rolle bei der Begleitung klar haben. Ist der Beistand nur moralische Stütze und schreibt Protokoll, nimmt sie am Gespräch teil oder führt ausschließlich das Gespräch? Falls ihr es noch nicht getan habt, solltet ihr eure Kontaktdaten austauschen.

2. Verabredet euch verbindlich für den Termin… Am Besten ist es, sich 15 Minuten vor dem eigentlichen Termin zu verabreden. So könnt ihr euch noch kurz besprechen: Ist etwas Neues seit dem Vorgespräch passiert oder hat sich die Meinung zu einem Thema geändert? Denkt daran, ausreichend Zeit für den gemeinsamen Behördengang einzuplanen. Oft muss man mit langen Wartezeiten rechnen.

3. Während des Termins… ist es praktisch nebeneinander zu sitzen und Notizettel bereitzuhalten. Die Begleitung kann die Aufgabe übernehmen das Treffen zu protokollieren. So habt ihr im Nachhinein eine gute Gedankenstütze für alles was passiert ist. Außerdem zeigt die Erfahrung das Sachbearbeiter_innen ihre Worte oft sorgfältiger wählen, wenn sie jemand notiert. Zudem hat es den Vorteil, dass ihr euch schriftlich gegenseitig kurze Anmerkungen und Fragen stellen könnt, ohne sie laut aussprechen zu müssen. Notiert euch auf jeden Fall den Namen der Sachbearbeiter_innen, getroffene Absprachen und Forderungen der Behörde. Falls ihr untereinander Gesprächsbedarf habt, könnt ihr den Termin kurz unterbrechen und vor die Tür gehen um euch zu besprechen. Es hat sich als nützlich erwiesen, bei der Begleitung den „Gegenpart“ des anderen zu übernehmen. Ist jemand sehr zurückhaltend und schüchtern, spricht die Begleitung Forderungen klar aus. Ist jemand sehr aufbrausend, dann ist die Begleitung betont sachlich. Dabei geht es in keinem Fall darum den Konflikt zu befrieden, sondern durch Gesprächstaktik die eigenen Interessen durchzusetzen.

4. Nach dem Termin… geht man am Besten noch gemeinsam einen Kaffee trinken. Was lief gut, was schlecht beim Termin? Wurden Absprachen eingehalten? Welche Folgeaufgaben ergeben sich aus dem Termin? Und natürlich: Ist die Begleitperson weiter ansprechbar? Falls ihr kein Protokoll geführt habt, könnt ihr bei dieser Gelegenheit auch ein Gedächtnisprotokoll anfertigen.

Was, wenn etwas schiefläuft?… Manche lassen sich von der Vorstellung, sie könnten „etwas falsch machen“, abhalten, als Begleitung einzuspringen. Klar: Wenn man jemanden zu einem Termin begleitet, möchte man es nicht verbocken und das beste Ergebnis erzielen. Das erreicht man aber nicht immer und dann liegt das in aller Regel auch nicht an euch. Der Fehler liegt im System. Vergegenwärtigt euch, dass es die Situation bestimmt nicht verbessert hätte, wenn man ihr alleine hätte gegenüberstehen müssen. Sich gegenseitig zu begleiten, bedeutet die Individualisierung zu durchbrechen, die hilft uns kleinzuhalten. Wenn etwas schlecht gelaufen sein sollte: Kotzt euch darüber aus. Gerne auch beim nächsten Anlaufpunkt. Dann überlegen wir zusammen, wie es besser gehen könnte und besprechen die nächsten Schritte.