Bin ich verpflichtet Überstunden zu leisten?
Nein. In der Regel bist du nicht verpflichtet Überstunden zu leisten, weil in deinem Arbeitsvertrag der zeitliche Umfang der von dir zu leistenden Arbeit festgelegt wird. Eine Ausnahme stellen »Notsituationen« da. Damit ist aber nicht die plötzliche Krankheit von Kolleg_innen oder ein unerwartet eintreffender Auftrag gemeint, sondern unvorhersehbare Katastrophen, die die Existenz des Betriebs gefährden könnten. Zum Beispiel ein Brand oder eine Überschwemmung. Neben der Ausnahme einer echten Notsituation gibt es noch folgende Situationen in denen Überstunden rechtlich gesehen zulässig sind:
• Arbeitsvertragsklauseln: In Arbeitsverträgen können Formulierungen enthalten sein, die dich dazu verpflichten Überstunden zu leisten. Damit solche Klauseln wirksam sind, müssen die Anzahl der maximal zu leistenden Überstunden 1. klar und transparent dargestellt sein und 2. darfst du nicht unangemessen benachteiligt werden. Darunter versteht man eine Formulierung wie folgende: „Überstunden werden nicht gesondert vergütet, sondern sind mit dem Gehalt abgegolten, soweit sie einen Umfang von drei Stunden pro Woche / zehn Stunden pro Kalendermonat nicht überschreiten. Darüber hinausgehende Überstunden werden auf der Grundlage des monatlichen Grundgehaltes gesondert bezahlt.“ Formulierungen wie: „Überstunden werden nicht gesondert vergütet, sondern sind mit dem monatlichen Festgehalt abgegolten.“, sind dagegen unwirksam. Genauso unwirksam sind Formulierungen, denen zufolge „übliche Überstunden“, „Überstunden im betriebsüblichen Rahmen“, „Überstunden in geringfügigem Umfang“ oder „Überstunden in angemessenem Rahmen“ mit dem Gehalt abgegolten sein sollen.
• Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge: Wenn Betriebsrat und Unternehmen eine Vereinbarung zum Thema „Überstunden“ geschlossen haben und diese Absprachen in der Betriebsvereinbarung festgehalten sind, bist du über diese zu Überstunden verpflichtet. Dasselbe gilt für Tarifverträge.
Eine weitere Ausnahme stellen Beamte da, da bei ihnen nicht das Prinzip Geld gegen Arbeit gilt, sondern sie vom Staat entsprechend ihrer Stellung alimentiert werden. Auf dieses Beispiel gehen wir an dieser Stelle nicht weiter ein.
Müssen Überstunden bezahlt werden?
Ja. Im Allgemeinen sind Überstunden zusätzlich zum normalen Lohn zu bezahlen. Wäre es anders, würdest du ja mehr Arbeit leisten, als dir bezahlt wird. Und das ist unvereinbar mit dem Gedanken Arbeit gegen Lohn. Ausnahmen können hier wieder in Arbeitvertragsklauseln, Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen auftauchen. Allerdings sind die meisten dieser Formulierungen, wie oben beschrieben oft rechtlich unwirksam. Berechnungsgrundlage für die Vergütung von Überstunden ist der Stundenlohn, es sei denn in eurem Arbeitsvertrag, in der Betriebsvereinbarung oder im Tarifvertrag ist ein Überstundenzuschlag geregelt, dann bekommst du mehr.
Können Überstunden abgebummelt werden? Muss ich meine Überstunden abbummeln, wenn die Chef_innen das wollen?
Wenn du lieber mehr Zeit als mehr Geld haben möchtest und deine Überstunden abbummeln möchtest, dann müssen die Chef_innen damit einverstanden sein. Umgekehrt kannst du nicht dazu gezwungen werden, weil du einen Anspruch auf Beschäftigung hast. Eine Freistellung von der Arbeit ohne deine Zustimmung wäre unzulässig.
Mein Chef hat mir meine Überstunden nicht bezahlt? Wie bekomme ich meine Kohle?
Lohnklagen mit dem Ziel den Chef zur Zahlung von Überstunden verurteilen zu lassen, scheitern in den meisten Fällen. Das liegt daran, dass die Arbeitsgerichte von dir verlangen, konkret jede einzelne Überstunde zu belegen. Und nicht nur jede einzelne Überstunde, sondern auch die Tatsache, dass diese Überstunde auf Anweisung des Chefs, zumindest aber mit seinem „Wissen und Wollen“ geleistet wurde und du nicht einfach, ohne dass er es wollte, länger geblieben bist. Und da sich Chefs vor Gericht dann nicht mehr daran erinnern können, dass sie dich ohne Vergütung arbeiten gelassen haben, werden solche Klagen dann oft abgewiesen. Lass dir deshalb Extraarbeit immer schriftlich bestätigen und überprüfe, ob sie auf der Lohnabrechnung steht!
Aber auch wenn du nicht die nötigen gerichtsfesten Beweise vorlegen kannst, musst du nicht den Kopf in den Sand stecken. Gemeinsames einstehen mit geprellten Kolleg_innen oder ein Besuch von vielen deiner Freund_innen beim Chef, stetig wachsender Druck und Öffentlichmachen der Verhältnisse in einem Betrieb können oft schneller zum einlenken bewegen, als das Urteil eines Arbeitsgerichts.