Bildungsurlaub

1. Rechtliche Basis
Das Recht auf Bildungsurlaub (BU) wurde erstmalig im Jahr 1974 in Hamburg eingeführt. Die Einführung des Rechts auf Bildungsurlaub basiert auf der
Konvention Nr. 140 der ILO, die 1974 von der BRD ratifiziert wurde. Die konkrete Umsetzung und die Bedingungen, unter denen BU angeboten und gewährt wird, sind durch die Bildungsurlaubsgesetze der einzelnen Bundesländer geregelt. In allen Bundesländern, außer Sachsen und Bayern, gibt es einen Anspruch auf BU und damit ein Bildungsurlaubsgesetz.
Die Bildungsurlaubsgesetze der Länder regeln u.a. wer Anspruch auf Bildungsurlaub hat, welche Seminarangebote als BU anerkannt werden können, welche Anforderungen das BU-Angebot erfüllen muss usw.

2. Wer hat Anspruch auf BU?
Anspruch auf BU hat in der Regel jede/r angestellte Arbeitnehmer_in, die in einem Bundesland arbeitet, in dem es einen Anspruch auf BU gibt. Wer also in zwei verschiedenen Bundesländern lebt und arbeitet, muss sich an den Vorgaben des Bundeslandes, in dem sein / ihr Arbeitsort ist, orientieren.
Voraussetzung für den Anspruch ist weiterhin, dass das Arbeitsverhältnis mindestens 6 Monate besteht.
Hinweis: In einigen Bundesländern existieren Schutzklauseln für Kleinstbetriebe unter 10 bzw. unter 5 Mitarbeiter/innen (s. Punkt 6). Mitarbeiter/innen solcher Betriebe haben in den Ländern, in denen es eine Schutzklausel gibt, keinen Anspruch auf Bildungsurlaub.

3. Was muss ich tun, um Bildungsurlaub zu bekommen?
Bildungsurlaub wird formlos unter Wahrung einer – je nach Bundesland unterschiedlichen – Frist beim Arbeitgeber beantragt. Die Frist ist in der Regel im BU-Gesetz geregelt (s. dazu auch die Tabelle weiter unten). Dem Antrag ist die Teilnahmebestätigung des Anbieters beizufügen, d.h. vor dem Antrag muss bereits ein Seminar ausgewählt und die Teilnahme angemeldet worden sein.
Praxistipp: Auf die Rücktrittskonditionen des Anbieters achten. Für den Fall, dass der BU aus nicht anfechtbaren Gründen (z.B. Urlaubssperre im Betrieb) abgelehnt wird, könnte es sonst teuer werden.

4. Welche Angebote kann ich als Bildungsurlaub anmelden und wo finde ich BU-Angebote?
Du kannst alle Seminarangebote wahrnehmen, die in dem Bundesland, in dem du arbeitest, als Bildungsurlaub anerkannt sind. Diese Seminare können auch in einem anderen Bundesland stattfinden, wichtig ist nur die Anerkennung in „deinem“ Bundesland.
Hamburg bietet eine Komplettliste aller in Hamburg anerkannten BU-Veranstaltungen an, die z.T. in anderen Bundesländern stattfinden, aber die Auflagen des Hamburger Bildungsurlaubsgesetzes erfüllen. Auf der Website bildungsurlaub.de können bundesweit angebotene Seminare eingesehen werden. Hier ist darauf zu achten, in welchen Bundesländern die Angebote als BU anerkannt sind.

5. Muss das Seminarthema etwas mit meiner beruflichen Tätigkeit zu tun haben?
In den Gesetzen der meisten Länder ist die Wahlfreiheit bei der Seminarwahl explizit festgeschrieben, es ist also durchaus möglich, als Schlosser ein Rhetorik-Seminar zu belegen oder als IT-Expertin einen Französischkurs.
„Das NRW-Bildungsurlaubsgesetz macht hier eine Ausnahme: „Bildungsinhalte, die sich nicht unmittelbar auf eine ausgeübte berufliche Tätigkeit beziehen, sind eingeschlossen, wenn sie in der beruflichen Tätigkeit zumindest zu einem mittelbar wirkenden Vorteil des Arbeitgebers verwendet werden können.“ Was nun „mittelbar“ ist, ist ein recht dehnbarer Begriff. Bei Seminaren der politischen Bildung gilt diese Einschränkung allerdings nicht – da haben auch NRWler/inenn freie Wahl.“ (Quelle)

6. (Wann) kann mein Arbeitgeber den Bildungsurlaub verweigern?
Verweigert werden kann der Bildungsurlaub nur dann:
– Wenn die Veranstaltung nicht als BU anerkannt ist (dann solltest Du Dich VOR dem Antrag beim Chef um eine Anerkennung bemühen oder – je nach Arbeitsklima ist auch das möglich – den Chef fragen, ob er diese Veranstaltung als BU anerkennt).
– Du die Antragsfrist nicht eingehalten hast.
– Betriebliche Gründe gegen den Bildungsurlaub sprechen (also zeitgleich andere Kolleg_innen im (Bildungs-)Urlaub sind oder andere betriebliche Gründe wie Arbeitsspitzen vorliegen).
– In Niedersachsen: sobald die Gesamtzahl der Bildungsurlaubstage, die im laufenden Kalenderjahr von ArbeitnehmerInnen genommen worden sind, das Zweieinhalbfache der Zahl der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die am 30. April des Jahres nach diesem Gesetz bildungsurlaubsberechtigt waren, erreicht hat.
Beispiel: 50 bildungsurlaubsberechtigte AN im Betrieb, bedeutet, dass nach 125 Tagen gewährtem BU (50 MA x 2,5) auf die gesamte Belegschaft gerechnet, der AG weitere BU verwehren kann. Da insgesamt jedoch sehr wenige Menschen ihren Anspruch auf BU wahrnehmen, dürfte dieser Fall höchst selten eintreten.
In einigen Bundesländern gibt es eine Schutzklausel für Kleinbetriebe. In diesen muss BU nicht gewährt werden. Schutzklauseln gibt es für Betriebe unter 10 MA in NRW und BaWü, für Betriebe unter 5 MA in Rheinland-Pfalz, Thüringen und Sachsen-Anhalt. (Quelle)

7. Ich habe ein Bildungsurlaubsangebot gefunden, das in einem anderen Bundesland als BU anerkannt ist, aber nicht in dem Bundesland, in dem ich arbeite. Kann ich diesen BU trotzdem buchen?
Das ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich, in Niedersachsen z.B. kann eine individuelle Anerkennung beantragt werden. Näheres dazu steht im niedersächsischen Bildungsurlaubsgesetz. In Hamburg scheint es diese Möglichkeit nicht zu geben, aber es lohnt sich eventuell, doch einen Versuch zu machen und Kontakt mit der zuständigen Einrichtung (Hamburger Institut für Berufliche Bildung, Adresse s. Tabelle) aufzunehmen. Will man eine individuelle Anerkennung beantragen, sind die Regelungen der einzelnen Bundesländer zu beachten. So gibt es z.B. in NRW eine maximale Kilometerzahl für die Entfernung zwischen Bildungs- und Arbeitsort, in Hamburg sind die Ansprüche an den Stundenumfang von Sprachkursen andere als in Niedersachsen um nur einige Beispiele zu nennen.

8. Wo finde ich Infos über Bildungsurlaubsangebote?
bildungsurlaub.de (Sammlung bundesweiter Angebote)
bildungsurlaub-machen.de (Angebote der politischen Bildung von Gewerkschaften)
bildungsurlaub-hamburg.de (Sammlung aller Seminare, die in HH als BU anerkannt sind)
hamburg.arbeitundleben.de
Kursportal Niedersachsen
bildungsurlaub-aktuell.de
weiterbildungsguide.test.de

9. Was kostet eigentlich ein Bildungsurlaub im Durchschnitt?
Die Seminarpreise sind sehr unterschiedlich, meistens muss man jedoch mit mehreren hundert Euro Seminargebühr rechnen – unter anderem deswegen, weil die Bildungsurlaube in der Regel 5 Tage umfassen. Daher lohnt es sich, vor der Seminarwahl Informationen über die Qualität des Angebots und / oder die Qualifikationen der Dozent_in einzuholen, denn allein die Einstufung als Bildungsurlaub macht ein Seminar noch nicht zu einem wirklich guten Bildungsangebot.

10. Wie hoch ist der Anteil der Arbeitnehmer/innen, die BU nehmen?
Für Hamburg gibt es keine systematische Erfassung des Anteils der Arbeitnehmer/innen, die BU nehmen. In Schleswig-Holstein nehmen ca 0,76% den Anspruch auf BU wahr, in Niedersachsen etwa 3%. Möglicherweise sind die hohen Preise (s. Punkt 9) auch einer der Gründe, warum Bildungsurlaub nur von wenigen Arbeitnehmer/innen in Anspruch genommen wird.

11. Übersicht

HAMBURG NIEDERSACHSEN
Wer hat Anspruch? (Personenkreis) Arbeitnehmer_innen
Auszubildende
keine Beamte
Arbeitnehmer_innen
keine Beamte
Wann wird der Anspruch wirksam? Frühestens 6 Monate nach Bestehen des Beschäftigungsver-
hältnis
Frühestens 6 Monate nach Bestehen des Beschäftigungsver-
hältnis
Auf wie viele Tage BU habe ich Anspruch? 10 Tage innerhalb von 2 Jahren (bei 5 Tagen Arbeit pro Woche) 5 Tage pro Jahr (bei 5 Tagen Arbeit pro Woche)
Kann der BU von mehreren Jahren zusammengelegt werden? Ja, es können alle zwei Jahre 10 Tage genommen werden. Zusammenfassung von 2 Jahren möglich.
Wer bezahlt? Arbeitnehmer_in zahlt die Seminargebühren, ggf. Anfahrts- und Unterbringungskosten, Arbeitgeber_in die Lohnfortzahlung Arbeitnehmer_in zahlt die Seminargebühren, ggf. Anfahrts- und Unterbringungskosten, Arbeitgeber_in die Lohnfortzahlung
Antragstellung spätestens Spätestens 6 Wochen vor Kursbeginn Spätestens 4 Wochen vor Kursbeginn
Welchen zeitlichen Umfang muss der Kurs haben? Mindestens 3 aufeinander folgende Tage, in Ausnahmefällen innerhalb von 6 Wochen einzelne Tage

Täglich 6 Zeitstunden, bei Sprach- und EDV-Kursen 6 Unterrichtsstunden

Sollte i.d.R. an 5, mindestens jedoch an 3 aufeinander folgenden Tagen stattfinden

täglich 6 Zeitstunden

am An- und Abreisetag je mindestens 4 Unterrichtsstunden

Zuständige Einrichtung (z.B. für Fragen der Anerkennung von Kursen aus einem anderen Bundesland) Hamburger Institut für Berufliche Bildung
Referat Bildungsurlaub – HI 43 Hamburger Str. 131
22083 Hamburg
Tel: 040/42863 – 4672
Fax: 040/42796 – 7061
E-Mail: bildungsurlaub@hibb.hamburg.de Internet: bildungsurlaub-hamburg.­de
Agentur für Erwachsenen- und Weiterbildung
Bödekerstr. 18
30161 Hannover
Tel.: 0511/300 330 29 und 0511/300 330 32
Fax: 0511/300 330 81
E-Mail: poos@aewb-nds.de und
soltendieck@aewb-nds.de
Internet: aewb-nds.­de