Eingliederungsvereinbarung

Eine Eingliederungsvereinbarung (EGV) bekommst du in der Regel beim ersten Gespräch mit der Arbeitsvermittlung im Jobcenter vorgelegt. Sie ist ein Vertrag, der die Pflichten und Rechte von dir und der Behörde festlegt. Wie jeder Vertrag ist auch die EGV verhandelbar. Das Jobcenter muss dir die Möglichkeit geben Vorschläge zu unterbreiten oder eine alternative EGV als Verhandlungsgrundlage vorzulegen.

Normalerweise wird in der EGV die Zahl der monatlichen Bewerbungen festgelegt und wie du diese nachweisen musst. Außerdem können Maßnahmen wie Bewerbungstrainings, Weiterbildungen, 1-Euro-Jobs, Bürgerarbeit oder die Unterstützung bei der Kinderbetreuung und häuslicher Pflege in der EGV vereinbart werden.

Nicht unterschreiben
Solange sie nicht unterschrieben wurde, gelten auch die Pflichten nicht, die in der EGV vereinbart sind. Wir empfehlen die EGV nicht zu unterschreiben, auch wenn die Sachbearbeiter_in zur Unterschrift drängt. Fordere eine Bedenkzeit und nehme die EGV mit nach Hause. Das ist dein Recht. Manchmal war’s das und du bist um die EGV herum gekommen.

Verwaltungsakt abwarten
Meistens wird dir allerdings die EGV per Verwaltungsakt zugeschickt. Das ist nicht schlimm. Im Gegenteil, dann – und nur dann – kannst du gegen die EGV mit Widerspruch und Eilantrag vorgehen.

Sind Widerspruch und Eilantrag erfolgreich, ist die EGV abgewehrt. Sehr gut!

Ist der Widerspruch nicht erfolgreich, gilt die EGV – und zwar rückwirkend ab dem Tag der Zustellung der EGV. Blöd, aber zumindest haben wir etwas Sand in die Jobcentermaschine gestreut.

Damit du einschätzen kannst, ob sich ein Widerspruch lohnt, haben wir einige wichtige rechtswidrige Inhalte von EGV gesammelt. Du kannst die Hinweise nutzen um einen Widerspruch zu formulieren. Falls du dir unsicher bist, solltest du zum Anlaufpunkt kommen. Dort können wir gemeinsam das Vorgehen besprechen und Fragen klären.

Welche Inhalte einer Eingliederungsvereinbarung sind rechtswidrig?

1. Inhalte, die eigentlich den Leistungsanspruch betreffen oder Verfahrensrechte beeinträchtigen

  • z.B. Bewilligung der Förderung für ein Studium, die eigentlich ausgeschlossen ist; Kürzung von Kosten der Unterkunft in der Eingliederungsvereinbarung
  • z.B. Inhalte, die Sanktionen automatisch eintreten lassen ohne vorausgehenden Sanktionsbescheid (dazu: Sozialgericht Berlin, Beschluss vom 27.03.2006, S 104 AS 2272/06 ER)
  • Die Verpflichtung zur Wahrnehmung von Beratungsgesprächen im Jobcenter und von ärztlichen Untersuchungsterminen darf nicht Inhalt der EGV sein, weil dies bereits eine allgemeine Mitwirkungspflicht ist und nicht über den Umweg der EGV zu einer Verschärfung der potentiellen Sanktion führen darf. (Klerks, Anmerkung, info also 2012, 222 f.)

2. Inhalte, die ins Allgemeine Persönlichkeitsrecht eingreifen

  • z.B. Piercings entfernen, Gewichtsreduktion (vgl. Arbeitslosenprojekt TuWas, Leitfaden zum Arbeitslosengeld II, 10. Auflage 2014, S. 655 unten, 656)

3. Keine oder zu unbestimmte Regelung der Übernahme von Bewerbungs- oder Fahrtkosten

  • zur Rechtswidrigkeit bei Fehlen einer Regelung zur Übernahme von Bewerbungskosten: Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.12.2012, Aktenzeichen: L 7 AS 2193/12 B ER
  • zur Unbestimmtheit einer Regelung zur Kostenübernahme: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 04.04.2012, Aktenzeichen: L 15 AS 77/12 B ER
  • zur Übernahme von Fahrtkosten zu einer angeordneten Eingliederungsmaßnahme: Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.09.2014, Aktenzeichen: L 7 AS 1018/14 B ER

4. Es kann nicht die Klärung der Erwerbsfähigkeit Inhalt der EGV sein

  • Eine EGV darf nur mit „erwerbsfähigen Leistungsberechtigten“ abgeschlossen werden, daher kann die Klärung, ob überhaupt Erwerbsfähigkeit besteht nicht in der EV zum Inhalt gemacht werden (Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 05.07.2007 – Aktenzeichen: L 3 ER 175/07 AS (juris-Randnummer 19))

5. Anzahl an Bewerbungen pro Monat

  • Kador, in Eicher, Kommentar zum SGB II, § 15, Randnummern 43-45:
    „Für die Festlegung der Eigenbemühungen gilt, da es um die jeweilige erwerbsfähige leistungsberechtigte Person mit ihrer Biographie geht, dass diese sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls insbesondere nach den individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten und auch den gesundheitlichen Gegebenheiten der leistungsberechtigten Person, ihrer Vor- und Ausbildung und ihren bisherigen beruflichen Erfahrungen, ihren persönlichen und familiären Verhältnissen, dem Grad ihrer (geistigen) Flexibilität sowie nach der Lage auf dem örtlichen bzw regionalen Arbeitsmarkt richten muss. Eine Eingliederungsmaßnahme, die nicht an den Gegebenheiten des örtlichen bzw. regionalen Arbeitsmarktes ausgerichtet ist, ist unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ungeeignet. Eine Eingliederungsmaßnahme, die die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten der leistungsberechtigten Person missachtet, ist unangemessenem im engeren Sinne.Die vereinbarten Eigenbemühungen müssen dabei dem Arbeitsmarkt adäquat sein und deshalb ein gewisse Mindestaussicht auf Erfolg bieten; die Vereinbarung nicht Erfolg versprechender Eigenbemühungen ist daher unzulässig, auch dies stellt einen Verstoß gegen das Prinzip der Geeignetheit im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar.Insoweit kann je nach Person eine unterschiedlich hohe Zahl an Bewerbungen angemessen sein (vgl OVG Lüneburg FEVS 52 [2001], 185, 189, das auf Rechtsprechungsbeispiele verweist, in denen zwischen drei und bis zu zehn pro Monat für adäquat erachtet werden). Die Anzahl der Bewerbungen unterliegt im Rahmen der Verhältnismäßigkeit dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit. Teile der Lit wollen mit maximal 10 Bewerbungen eine Obergrenze erkennen (so zB Huckenbeck in Löns/Herold-Tews, Kommentar zum SGB II, § 15 RdNr 37, 3. Aufl 2011). Die notwendige Einzelfallbetrachtung spricht jedoch gegen die pauschale Festlegung einer Obergrenze. Das BSG hatte im Rahmen des Rechts der Arbeitslosenversicherung darüber zu befinden, welche Eigenbemühungen einem Arbeitslosen im Rahmen des § 138 SGB III zugemutet werden dürfen (BSGE 95, 176 = SozR 4-4300 § 119 Nr 3 noch zu § 119 SGB III aF) und es dabei nicht beanstandet, wenn einer Arbeitslosen zwei Bewerbungen pro Woche auferlegt worden waren.“