Mindestlohn

Gesetzlicher Mindestlohn und Branchenmindestlohn

Seit 2015 gilt ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn. Er betrug bei seiner Einführung 8,50 € brutto und wurde zu Januar 2021 auf 9,50 € erhöht. Das sind 1.146 € netto bei einer 40-Stunden-Woche für eine alleinstehende Person. In Hamburg könnte dieser Lohn noch durch Hartz-IV aufgestockt werden. Der Mindestlohn ist also ein Armutslohn. Der Mindestlohn wird alle 2 Jahre von der Mindestlohnkomission angepasst und soll Juli 2022 voraussichtlich auf 10,45 € steigen.

Neben dem gesetzlichen Mindestlohn gibt es 13 Branchenmindestlöhne, die für alle Beschäftigten und in allen Firmen der jeweiligen Branche gelten. Eine Liste aller Branchenmindestlöhne gibt es hier. Einzelheiten der Branchenmindestlöhne werden in sogenannten Mindestlohntarifverträgen festgeschrieben, deren Inhalt von Branche zu Branche unterschiedlich ist. Darin können auch Verschlechterungen und Ausschlüsse enthalten sein. So ist es z.B. nur 6 Monate möglich den vorenthaltenen Mindestlohn in der Gebäudereinigung einzuklagen, allgemein ist dies 3 Jahre rückwirkend möglich. Im Gerüstbau gilt der Mindestlohn nicht für Menschen die stationär im Betrieb tätig sind und es ist nur 12 Monate möglich den Mindestlohn einzuklagen.

Ist es legal, wenn man nur mit Sonderzahlungen auf den Mindestlohn kommt – ohne Sonderzahlungen aber darunter liegen würde?
Im Prinzip werden alle Zahlungen für die Ar­beits­leis­tung zum Mindestlohn gerechnet. Das gilt z.B. für Leistungsprämien. Also langsam arbeiten, wenn der Grundlohn unterm Mindestlohn liegt, es lohnt sich nicht. Anders ist es bei Zahlungen, die ohne Rück­sicht auf die tatsächli­che Ar­beits­leis­tung getätigt werden. Das gilt z.B. bei Nachtzuschlägen. Diese müssen zum Mindestlohn hinzuaddiert werden. Berechnungsgrundlage, ob der Mindestlohn gezahlt wurde, ist übrigens der Monat und nicht der Arbeitstag oder die Arbeitsstunde.

Gesetzliche Ausnahmen vom Mindestlohn

Es gibt zahlreiche Gruppen, die vom gesetzlichen Mindestlohn ausgenommen sind:

• Menschen, die ein Pflichtpraktikum oder vom Amt geförderte Maßnahme machen
• Unter 18-Jährige
• Arbeiter*innen, die mindestens 1 Jahr arbeitslos waren, haben erst nach 6 Monaten Anspruch
• Menschen, die in Werkstätten für Menschen mit Behinderung arbeiten
• Gefangene, die in der Haft arbeiten

Ob diese Ausnahmen auch für die Branchenmindestlöhne gelten, hängt vom jeweiligen Tarifvertrag ab.

Strategien der Chefs, um den Mindestlohn zu umgehen

• Zuschläge werden gestrichen (Nacht-/Wochenendzuschläge)
• Trinkgeld wird angerechnet oder ganz einbehalten
• Umstellung auf freie Mitarbeit oder Scheinselbstständigkeit
• unbezahlte Überstunden
• Erhöhung der vertraglich verpflichteten Arbeitszeit
• Neudefinition was Arbeitszeit ist: An- und Abfahrt, Umkleidung, Bereitschaftsdienst
• Sachleistung statt Geld
• Arbeiter*in wird zur Verzichtserklärung genötigt

Diese Strategien sind in der Regel illegal. In Kombination mit den gesetzlichen Ausnahmen führen sie dazu, dass 2016 2,2 Mio. Menschen kein Mindestlohn gezahlt wurde. Das sind ca. 8% der arbeitenden Bevölkerung. Frauen und Ostdeutsche traf dies häufiger als Männer und Westdeutsche.

Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen des Mindestlohns

Durch den gesetzlichen Mindestlohn sind die Einkommen im Niedriglohnsektor 2015 erstmals nach Jahren der Stagnation wieder deutlich gestiegen. Beispiele: Gastgewerbe +10%; Einzelhandel +11%; Fleischverarbeitung +12%. Bei den 10 % der Bevölkerung mit den niedrigsten Einkommen, stieg der Lohn von 7,53€ in 2014 auf 8,52€ in 2016. Das ist eine Lohnsteigerung von 13%.

Zusätzlich führte die Einführung des Mindestlohns in 5% aller Betriebe zu dem sogenannten Spillover-Effekt. Die Löhne, die schon vor 2015 knapp oberhalb des Mindestlohns lagen, wurden erhöht, um den Lohnabstand zu den am schlechtesten Verdienenden zu erhalten.

Es lässt sich als Fazit festhalten, dass durch den Mindestlohn die Einkommensungleichheit sinkt.

Nach Studien der Internationalen Arbeitsorganisation ILO führt die Einführung eines Mindestlohns nicht zu Betriebsschließungen, sondern es werden weniger Neugründungen in Bereichen mit extrem schlechten Löhnen vollzogen. In Deutschland war nach Einführung des Mindestlohns kein Abbau von Arbeitsplätzen feststellbar.